Erbrecht und Lebensgemeinschaft

Wenn zwei Menschen in einer Lebens­ge­mein­schaft leben (also ohne verhei­ratet zu sein oder in einer einge­tra­genen Part­ner­schaft), gelten beson­dere Regeln im Erbrecht. Hier finden Sie eine Über­sicht in einfa­cher Sprache:


  1. Kein Anspruch auf Pflicht­teil

Ein Lebens­ge­fährte bekommt keinen Pflicht­teil, wenn der Partner stirbt. Pflicht­teile bekommen nur Kinder, Ehepartner oder einge­tra­gene Partner (§ 757 ABGB). Das bedeutet: Ohne Testa­ment bekommt der Lebens­ge­fährte viel­leicht nichts.
Tipp: Man sollte ein Testa­ment machen, wenn man den Lebens­ge­fährten absi­chern möchte.

Achtung: Wenn sich das Paar trennt, gilt das Testa­ment zugunsten des früheren Lebens­ge­fährten meis­tens nicht mehr – außer, der Verstor­bene hat ausdrück­lich etwas anderes gesagt (§ 725 ABGB).


  1. Außer­or­dent­li­ches gesetz­li­ches Erbrecht

Ein Lebens­ge­fährte kann gesetz­lich erben, wenn folgende Bedin­gungen erfüllt sind (§ 748 ABGB):

  • Es gibt keine anderen gesetz­li­chen Erben (z. B. keine Kinder, Eltern, Ehepartner).
  • Der Lebens­ge­fährte hat in den letzten 3 Jahren vor dem Tod im gemein­samen Haus­halt mit dem Verstor­benen gelebt.
  • Die Lebens­ge­mein­schaft bestand bis zum Tod.

Wenn man aus gesund­heit­li­chen oder beruf­li­chen Gründen nicht zusam­men­wohnen konnte, aber trotzdem eng verbunden war, kann das auch zählen.


  1. Gesetz­li­ches Voraus­ver­mächtnis

Ein Lebens­ge­fährte kann unter bestimmten Bedin­gungen ein soge­nanntes „Voraus­ver­mächtnis“ bekommen (§ 745 Abs 2 ABGB).

Das bedeutet:
Er oder sie darf ein Jahr lang nach dem Tod in der gemein­samen Wohnung bleiben.

Dafür müssen folgende Bedin­gungen erfüllt sein:

  • Man hat mindes­tens 3 Jahre gemeinsam im Haus­halt gelebt.
  • Der Verstor­bene war nicht verhei­ratet und hatte keine einge­tra­gene Part­ner­schaft.

  1. Pfle­ge­ver­mächtnis

Wenn der Lebens­ge­fährte den Verstor­benen gepflegt hat, kann ihm ein soge­nanntes „Pfle­ge­ver­mächtnis“ zustehen (§ 677 ABGB).

Wichtig ist:

  • Die Pflege muss mindes­tens 6 Monate lang erfolgt sein.
  • Die Pflege muss mehr als gering­fügig gewesen sein (z. B. mindes­tens 20 Stunden im Monat).
  • Der Lebens­ge­fährte muss eine „nahe­ste­hende Person“ gewesen sein – dazu zählen Lebens­ge­fährten ausdrück­lich (§ 677 Abs 3 ABGB).

Unter­schiede zu anderen Erbrechten:

  • Es ist keine 3-jährige Haus­halts­ge­mein­schaft erfor­der­lich.
  • Es muss kein gemein­samer Haus­halt bestanden haben.
  • Die Lebens­ge­mein­schaft muss nicht beson­ders lange gedauert haben – aber sie muss eine echte Part­ner­schaft gewesen sein.

Achtung: Wenn die Pflege vor Beginn der Lebens­ge­mein­schaft erfolgt ist, kann kein Pfle­ge­ver­mächtnis bean­sprucht werden.


  1. Schen­kungen und Erbrecht

Hat der Verstor­bene dem Lebens­ge­fährten etwas geschenkt, gilt Folgendes (§ 782 ABGB):

  • Schen­kungen, die mehr als 2 Jahre vor dem Tod gemacht wurden, müssen bei der Berech­nung des Pflicht­teils nicht berück­sich­tigt werden.
  • Pflicht­teils­be­rech­tigte (z. B. Kinder) können nicht verlangen, dass diese Geschenke ange­rechnet werden.

Zusam­men­fas­sung:

Ohne Testa­ment ist ein Lebens­ge­fährte im öster­rei­chi­schen Erbrecht nicht auto­ma­tisch abge­si­chert. Es gibt aber Sonder­re­ge­lungen – z. B. das außer­or­dent­liche Erbrecht oder das Pfle­ge­ver­mächtnis. Wer den Lebens­ge­fährten im Erbfall absi­chern will, sollte auf jeden Fall recht­zeitig eine letzt­wil­lige Verfü­gung (z. B. Testa­ment) machen.