Lebensgemeinschaft: Rechtslage zur gemeinsam genutzten Wohnung

Eine Lebens­ge­mein­schaft ist eine enge, eheähn­liche Bezie­hung zwischen zwei Personen, die auf Dauer ange­legt, aber jeder­zeit lösbar ist. Auch wenn sie viele Merk­male einer Ehe aufweist – wie etwa gemein­sames Wohnen, wirt­schaft­liche Verflech­tung und eine intime Bezie­hung –, unter­scheidet sie sich recht­lich wesent­lich von der Ehe, insbe­son­dere wenn es um die gemeinsam benutzte Wohnung geht.

Was ist eine Lebens­ge­mein­schaft?

Im öster­rei­chi­schen Recht ist die Lebens­ge­mein­schaft ein fami­li­en­rechts­ähn­li­ches Verhältnis, das nicht gesetz­lich umfas­send gere­gelt ist. Die Recht­spre­chung defi­niert sie anhand folgender Krite­rien:

  • Wohn­ge­mein­schaft: gemein­sames Leben in einer Wohnung, die den Lebens­mit­tel­punkt darstellt.
  • Wirt­schafts­ge­mein­schaft: gegen­sei­tige wirt­schaft­liche Unter­stüt­zung (z. B. gemein­samer Haus­halt, finan­zi­elle Betei­li­gung).
  • Geschlechts­ge­mein­schaft: intime Bezie­hung.
  • Seeli­sche Verbun­den­heit: eine innere Bindung, die sich in gemein­samen Lebens­plänen und gegen­sei­tiger Unter­stüt­zung zeigt.

Diese Merk­male müssen nicht immer voll­ständig gegeben sein – entschei­dend ist das Gesamt­bild der Bezie­hung.

Rechts­lage zur gemein­samen Wohnung

  1. Kein auto­ma­ti­sches Wohn­recht für Lebens­ge­fährten
    Ein zentrales Merkmal der Lebens­ge­mein­schaft ist das gemein­same Wohnen – dennoch entsteht daraus kein Rechts­an­spruch auf die Wohnung, wenn nur ein Lebens­ge­fährte Eigen­tümer oder Haupt­mieter ist. Das bedeutet:
  • Ist ein Lebens­ge­fährte allei­niger Eigen­tümer oder Mieter, kann er den anderen zur Räumung auffor­dern, sobald die Bezie­hung endet – ohne beson­deren Widerruf oder gericht­liche Auflö­sung.
  • Der andere Lebens­ge­fährte hat nur dann ein Blei­be­recht, wenn er einen eigen­stän­digen Rechts­titel (z. B. Mitmiet­ver­trag, Nutzungs­ver­ein­ba­rung) nach­weisen kann.Beispiel aus der Recht­spre­chung:
    Der Oberste Gerichtshof (OGH) hat wieder­holt entschieden, dass ein ehema­liger Lebens­ge­fährte, der keinen eigenen Miet- oder Eigen­tums­titel hat, die Wohnung nicht behalten kann und zur Räumung verpflichtet ist(OGH 22.10.2007, 1 Ob 122/07h; OGH 19.9.2024, 9 Ob 70/24w).
  1. Kein Anspruch auf Versor­gung wie in der Ehe
    Im Gegen­satz zur Ehe gibt es keinen gesetz­li­chen Anspruch auf Wohn­ver­sor­gung (§ 97 ABGB gilt nur für Ehepartner). Das heißt:
  • Lebens­ge­fährten haben keinen Anspruch auf Verbleib in der Wohnung, nur weil sie dort gewohnt haben oder mit dem Eigentümer/Mieter in einer Lebens­ge­mein­schaft standen.
  • Eine bloße Duldung durch den wohn­be­rech­tigten Lebens­ge­fährten begründet kein dauer­haftes Wohn­recht.
  1. Ausnahmen bei gemein­samer Miete
    Haben beide Lebens­ge­fährten gemeinsam den Miet­ver­trag unter­zeichnet (Mitmieter), besteht eine gemein­same Rechts­po­si­tion:
  • Keiner kann den anderen alleine aus der Wohnung weisen.
  • Eine Kündi­gung oder Auflö­sung des Miet­ver­hält­nisses ist nur gemeinsam möglich.

Zusam­men­fas­sung für die Praxis

Darf mein Ex-Partner bleiben, obwohl ich allei­niger Mieter bin?

Nein – sofern kein eigener Miet- oder Nutzungs­an­spruch besteht, kann die Räumung verlangt werden.

Habe ich auto­ma­tisch ein Wohn­recht durch die Lebens­ge­mein­schaft?

Nein – ein Wohn­recht muss separat begründet sein (z. B. durch Vertrag).

Kann ich als Mitmieter meinen Lebens­ge­fährten hinaus­werfen?

Nein – bei gemein­samer Miete ist das nur gemeinsam möglich.

Brauche ich einen Widerruf meines "Wohn­rechts"?

Nein – wenn es nie ein echtes Recht gab, ist kein Widerruf nötig.