Rechtliche Grundlagen
- § 91 Abs 1 EheG: Wenn ein Ehegatte in den letzten 2 Jahren vor Trennung/Scheidung gemeinsames Vermögen „verkleinert“ (ohne Zustimmung des anderen) und das unfair ist, wird der Wert des Fehlenden bei der Aufteilung berücksichtigt.
- § 91 Abs 2 EheG: Wurden Ersparnisse oder Gebrauchsgegenstände der Ehe in ein Unternehmen gesteckt, wird der eingebrachte Wert bei der Aufteilung berücksichtigt. Das Unternehmen selbst bleibt aber geschützt.
- § 91 Abs 3 EheG: Gehört eine Sache aus dem Unternehmen (z. B. Firmenauto), die beide privat genutzt haben, und nach der Scheidung nutzt sie nur mehr einer, dann bekommt der andere dafür einen Ausgleich.
Allgemeines
- Aufgeteilt wird, was (noch) da ist.
- Wenn eine Zuteilung in Natur nicht geht, wird der Wert berücksichtigt.
- Ziel: Fairness. Niemand soll durch geschickte Verschiebungen benachteiligt werden.
Beispiele :
- Jemand hebt während der Ehekrise viel Geld ab und gibt es allein aus → Wert wird angerechnet (§ 91 Abs 1).
- Ersparnisse werden ins Unternehmen gesteckt → Wert wird berücksichtigt, aber das Unternehmen bleibt (§ 91 Abs 2).
- Firmenwagen wurde von beiden privat genutzt → Privatanteil wird berücksichtigt (§ 91 Abs 3).
Exkurs: „Verschleuderung“ von Vermögen (§ 91 Abs 1 EheG)
- Wenn jemand kurz vor der Trennung Geld oder Wertsachen „verschwinden lässt“ oder zweckwidrig verwendet, kann das Gericht so tun, als wäre das Vermögen noch da, und den Wert anrechnen.
- Zeitgrenze: frühestens 2 Jahre vor Klage oder – wenn die Lebensgemeinschaft früher endete – 2 Jahre vor dieser Trennung.
Benachteiligungsausgleich bei Unternehmen (§ 91 Abs 2 EheG)
- Unternehmen/Unternehmensanteile werden nicht selbst aufgeteilt.
- Aber: Was aus Ehe-Ersparnissen ins Unternehmen geflossen ist, wird wertmäßig berücksichtigt.
- Gericht schaut auch:
- Hatten beide Vorteile (z. B. guter Lebensstandard durch Unternehmensgewinne)?
- Gefährdet die Aufteilung das Unternehmen? (Das darf nicht passieren.)
- Auch indirekte Beiträge (z. B. mehr Betreuung zu Hause, Mitarbeit) zählen bei der Billigkeit – oft über den Aufteilungsschlüssel (größerer Anteil an der „Restmasse“ oder Ausgleichszahlung).
Kurz gesagt:
Hat ein Ehegatte viel in das Unternehmen gesteckt, das nicht aufgeteilt werden darf, kann der andere mehr von den übrigen aufteilbaren Sachen oder eine Ausgleichszahlungbekommen – so weit eine Aufteilungsmasse vorhanden ist.
Berücksichtigung von Passiva (Schulden)
- Reine Unternehmensschulden bleiben grundsätzlich beim Unternehmer.
- Aber: Wurden Schulden aufgenommen, um den gemeinsamen Lebensstandard zu finanzieren (z. B. Hausausbau, Urlaube), kann das Gericht das bei der Billigkeitberücksichtigen.
- Wichtig: Ohne „Restmasse“ (also ohne aufzuteilendes Vermögen) gibt es normalerweise keine Ausgleichszahlung.
Unternehmenssachen, die beide genutzt haben (§ 91 Abs 3 EheG)
- Dinge aus dem Unternehmen, die beide privat genutzt haben (klassisch: Firmenauto, manchmal Ferienwohnung oder mitgenutzte Ordinationsteile), werden anteiligberücksichtigt.
- Der Privatanteil (oft 50 % beim Auto) geht in die Berechnung ein.
- Nutzt nach der Scheidung nur noch einer die Sache, kann der andere eine Ausgleichszahlung für den entgangenen Gebrauch bekommen (bis zur Höhe des Privatanteils am Wert).
Ehewohnung & Unternehmen:
- Diente eine Wohnung/Haus sowohl dem Unternehmen als auch als Ehewohnung, unterliegt nur der Wohnteil der Aufteilung. Der unternehmerische Teil bleibt ausgenommen. Hypotheken, die dem Unternehmen dienen, mindern den für die Aufteilung relevanten Wohnwert.
Praxis-Tipps
- Belege sichern: Kontoauszüge, Verträge, Rechnungen, Fahrtenbuch, Nutzungsaufstellungen.
- Zeitfenster beachten: 2-Jahres-Frist bei „Verschleuderung“.
- Nutzung dokumentieren: Wer hat was wie oft privat genutzt?
- Realistisch bleiben: Ausgleich gibt es nur, wenn noch Vermögen vorhanden ist.
- Ziel ist Fairness: Keine Gefährdung des Unternehmens, aber gerechter Wertausgleich.
Fazit
Der Benachteiligungsausgleich sorgt dafür, dass Tricksereien und einseitige Verschiebungen nicht zulasten eines Ehegatten gehen. Unternehmen bleiben geschützt, Werte aus der Ehe, die ins Unternehmen geflossen sind, werden aber mitgedacht. Dinge aus dem Unternehmen, die beide genutzt haben, zählen anteilig. Schulden können – je nach Zweck – in der Billigkeit berücksichtigt werden.
Hinweis: Jede Aufteilung ist Einzelfall-Entscheidung. Gerne klären wir Ihre Situation in einem Beratungsgespräch und sagen Ihnen, welche Unterlagen wir brauchen.