Nachehelicher Unterhalt: Was gilt bei gleichteiligem Verschulden?

In Öster­reich hängt der Anspruch auf Unter­halt nach einer Schei­dung oft davon ab, wer die Schuld am Schei­tern der Ehe trägt. Dieses Prinzip nennt man das Verschul­dens­prinzip.Aber es gibt auch Ausnahmen, bei denen das Verschulden keine Rolle spielt – vor allem in soge­nannten Härte­fällen. Ein solcher Fall ist im § 68a Ehege­setz (EheG) gere­gelt.


Was sagt § 68a EheG?

Ein geschie­dener Ehepartner kann auch ohne Schuld des anderen Anspruch auf Unter­halt haben, wenn er oder sie während der Ehezeit keine Möglich­keit hatte, beruf­lich tätig zu sein – etwa, weil er oder sie sich um den Haus­halt, gemein­same Kinder oder Ange­hö­rige geküm­mert hat.

Dieser Anspruch gilt unab­hängig vom Verschulden, wenn bestimmte Voraus­set­zungen erfüllt sind:

  • Die Rollen­ver­tei­lung während der Ehe war gemeinsam so verein­bart (zum Beispiel: einer arbeitet, der andere führt den Haus­halt).
  • Durch diese Rollen­ver­tei­lung hat der unter­halts­be­dürf­tige Ehepartner weniger Chancen am Arbeits­markt (z. B. wegen fehlender Ausbil­dung, Alter oder Gesund­heit).
  • Es ist nicht zumutbar, dass sich diese Person nun selbst voll­ständig finan­ziert.

Wann gibt es keinen oder weniger Unter­halt?

Ein Unter­halts­an­spruch nach § 68a EheG kann entfallen oder gekürzt werden, wenn:

  • Der unter­halts­be­dürf­tige Ehepartner schwer­wie­gende Ehever­feh­lungen begangen hat.
  • Er oder sie selbst schuld ist an der finan­zi­ellen Notlage nach der Schei­dung.
  • Oder andere beson­dere Umstände vorliegen, die eine Unter­halts­zah­lung unbillig (also unfair) machen würden.

Wie wird der Unter­halt berechnet?

Das Gericht prüft in zwei Schritten:

  1. Wie viel Geld braucht der unter­halts­be­rech­tigte Ehepartner, um seinen Lebens­be­darf zu decken?
    • Dabei wird nicht einfach geschaut, wie hoch die monat­li­chen Ausgaben sind.
    • Statt­dessen orien­tieren sich die Gerichte oft am soge­nannten Ausgleichs­zu­la­gen­richt­satz – einer Sozi­al­hil­fe­schwelle, die als Maßstab für das Exis­tenz­mi­nimum dient.
  2. Dann erfolgt eine Kontroll­rech­nung:
    • Der Unter­halt soll zwischen 15% und 33% des Netto­ein­kom­mens des zahlungs­pflich­tigen Ehepart­ners liegen.
    • Es wird geprüft, ob diesem auch noch genug zum Leben bleibt.

Wichtig:
Wenn der unter­halts­be­rech­tigte Ehepartner eigenes Einkommen oder staat­liche Unter­stüt­zung (z. B. Wohn­bei­hilfe) hat, wird das abge­zogen. Gibt es genug eigenes Einkommen, besteht kein Anspruch auf Unter­halt.


Neue Entschei­dung des OGH (September 2025)

OGH 11.9.2025, 4 Ob 88/25g

Der Oberste Gerichtshof (OGH) hat kürz­lich entschieden, dass bei einem gleich­tei­ligen Verschulden an der Schei­dung (also beide Ehepartner tragen die Schuld am Schei­tern der Ehe) trotzdem ein Unter­halts­an­spruch nach § 68a EheG bestehen kann – wenn die Voraus­set­zungen erfüllt sind. Das Beru­fungs­ge­richt hatte den Lebens­be­darf der unter­halts­su­chenden Ehefrau nicht einfach nach ihren Ausgaben, sondern nach dem Ausgleichs­zu­la­gen­richt­satz berechnet – abzüg­lich ihrer eigenen Einkünfte und der Wohn­bei­hilfe. Der OGH hat diese Vorgangs­weise bestä­tigt. Damit wurde auch die bishe­rige Recht­spre­chung (z. B. 4 Ob 109/21i) bestä­tigt und weiter­ge­führt.


Was heißt das für Betrof­fene?

Ein Anspruch auf Unter­halt nach der Schei­dung ist auch bei gleich­tei­ligem Verschulden möglich, wenn einer der Ehepartner während der Ehe nicht arbeiten konnte und dadurch Nach­teile am Arbeits­markt hat. Aller­dings:

  • Eigene Einkünfte und staat­liche Hilfen werden berück­sich­tigt.
  • Der Unter­halt richtet sich nicht auto­ma­tisch nach den tatsäch­li­chen Ausgaben, sondern nach einem objek­tiven Lebens­be­darf.
  • In bestimmten Fällen kann der Anspruch entfallen oder gekürzt werden.

Die recht­liche Lage ist oft komplex. Ob ein Unter­halts­an­spruch nach § 68a EheG besteht, hängt immer vom Einzel­fall ab, gerne stehen wir für eine Bera­tung zur Verfü­gung.